Aus: Psychologie aktuell, 7-31/2015, von Vera Wagner

 

Irre! Psychiater baut sich einen Dom

Notre Dame de Paris, Westminster Abbey, der Kölner Dom. Seit dem Mittelalter fühlen die Menschen sich magisch angezogen von den lichtdurchfluteten Bauwerken, die den Himmel zu berühren scheinen. Vielleicht war es der Stephansdom, der einen Wiener Architekten dazu inspirierte, in jahrelanger Forschungsarbeit Dombauten für die heutige Zeit zu konzipieren.

 

Ein kleiner Dom entsteht

Inzwischen gibt es nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern Domhäuser. Eines entsteht gerade in Südhessen, und zwar in Malchen, einem idyllisch gelegenen kleinen Vorort von Darmstadt.

Hier verwirklichen der Psychiater Dr. Bernd und seine Frau Daniela Purschian den Traum von einem Raum, in dem man zur Ruhe kommen, sich geborgen fühlen, seelisch regenerieren kann. Sie bauen mit eigenen Händen ein Domhaus nach dem Konzept des Wiener Architekten Reinhard Hesse.

 

Achteckig zur Einkehr

Ein achteckiger Raum – das Achteck war eine wichtige Bauform der christlichen sakralen Architektur. Auch wenn erst der Rohbau steht: Wenn man den Raum betritt, ist es, als würde man in eine andere Welt eintreten. Die gläserne Kuppel – ein Fenster zum Himmel. Viel Licht. Stille. Und ein angenehmes Raumklima. Verwendet werden ökologische Baumaterialien – die ältesten Baustoffe der Menschheit: Holz und Lehm, erklärt Bernd Purschian.

 

Natur pur und Licht ohne Ende

Der Malchener Dom besteht aus Fichtenholz und Zirbenholz und aus natürlichem Lehm. Bereits andere Menschen haben sich Dome in Deutschland gebaut, die Form scheint Attraktivität zu besitzen. Sie wirke harmonisch, der Dom atme und vibriere mit dem Besucher, so der Bauherr.

Die sphärische Form tue das Übrige, man könne selbst erleben, wie harmonisch der Bau auf Körper und Gehirn wirke, dies sei ein erstaunlich starker Effekt. Als Besucher muss man konzedieren, da ist etwas dran, der Bau zieht einen tatsächlich an.

 

Eingebung im Dom zu Hamburg

Diesen Effekt haben der Darmstädter Arzt und seine Frau vor drei Jahren selbst erlebt, als sie sich in Hamburg ein Domhaus angeschaut haben. “Wir haben das erste Mal vor drei Jahren den Dom in Hamburg betreten und waren stundenlang euphorisiert, das war so ein Startpunkt: das wollen wir auch machen”, so Purschian.

Inzwischen gibt es in einigen Ländern Domhäuser nach dem Vorbild des in Wien entwickelten Prototyps. Ein Domhaus in Süddeutschland ist Werkstatt und Veranstaltungsort, in mehreren Städten stehen Domhäuser, die für Seminare genutzt werden oder als Treffpunkt für die Bewohner von Pflegeheimen.

 

Licht, Luft und Lebendigkeit

Obwohl das Domhaus von Malchen noch nicht fertig ist: Nach ein paar Minuten spürt man als Besucher tatsächlich eine wohltuende Wirkung des Raums – der angenehme Duft des Holzes, die Helligkeit, der Blick ins Grüne, alles verzaubert.

Bernd Purschian lächelt und hält für möglich, dass man wohl spüre, dass er jeden Stein, jedes Holzbrett, jeden Nagel energetisch auflade, bevor das Material verwendet wird. Bis zum Frühjahr kommenden Jahres soll das Domhaus fertig sein. Für Bernd Purschian ist es ein Wendepunkt nicht nur im privaten Leben.

 

Ein Ort der Begegnung mit sich selbst

Der Psychiater und Psychotherapeut betont, ihn bewege, dass er in den fünfzehn Jahren seiner Praxis lernen musste, dass Therapien zwar gelingen, oft aber der nächste Schritt nicht stattfinde. Dieser sei in die Kreativität zu gehen, in die eigene Vision und Kraft.

Er habe überlegt, wie er dies ändern könne und lasse deswegen nun diesen besonderen Raum entstehen, in dem Menschen solche positiven Erfahrungen machen können.